Na ja, das altbekannte Sommerloch erreich langsam seinen Höhepunkt. Und da es wettertechnisch ziemlich trüb aussieht, und die nachrichtentechnischen Knüller – von Hungerkatastrophe bis Schuldenkrise – sowohl auf den Magen als auch aufs Gemüt schlagen, trifft es sich gut, dass das Landgericht Frankfurt das Urteil gesprochen und dem Kindermörder Magnus Gäfgen 3000 Euro zugesprochen hat. Wir erinnern uns: Gäffgen hatte im Jahr 2002 ein Kind entführt und umgebracht und von den Eltern 1.000.000 Euro erpresst. Nach seiner Festnahme verweigerte er die Aussage zum Verbleib des Kindes – von dem die verhörenden Beamten dachten, dass es zum Zeitpunkt der Ermittlungen noch lebte. Erst nachdem die Polizisten Gäfgen mit massiver Gewalt gedroht hatten, gestand dieser den Mord an dem Kind, und wurde schlussendlich zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
Aus der Haft allerdings heraus klagte Gäfgen ob der Folterandrohung gegen die verantwortlichen Polizeibeamten und erwirkte eine Verurteilung des die Vernehmungen leitenden Hauptkommissars. Sowie nun zusätzlich eine Entschädigung von 3.00 Euro, die das Landgericht Frankfurt ihm im heute beendeten Prozess zugebilligt hat. Nun wäre ist das Alles zwar ziemlich ungeheuerlich und die Kaltschnäuzigkeit, die dieser Kerl an den Tag legt ist schier unvorstellbar. Das ganze wäre jedoch kaum wert, in einem extra Blog beschrieben zu werden. Wenn nicht die Reaktionen auf das Gäfgen zugestandene Geld erwartungsgemäß empörend ausgefallen wären.
“Jemand, der sich auf Todesangst beruft wegen einer Androhung, der muss sich mal überlegen, was das Kind erlitten hat, das er letztlich dann dem Tode zugeführt hat”, sagte etwa der Sprecher der Opferhilfe-Organisation Weißer Ring, und dass das Urteil ”sehr stark an dem Rechtsempfinden der Menschen” rühre. Und der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach erklärt: “Dass hier ein Mörder eine Entschädigung bekommt, ist für mich völlig unverständlich” Völlig unverständlich. Soso.
Ich verstehe natürlich, dass so eine Gerichtsentscheidung auf Unverständnis stößt. Ebenso wie es manchen Menschen vielleicht nicht erklärbar ist, wieso Kinderschänder nicht nachträglich lebenslange Sicherheitsverwahrung aufgebrummt bekommen dürfen – zumal sie womöglich nach wie vor eine Gefährdung für die Allgemeinheit darstellen. Das allerdings ist Ausdruck unseres Rechtsstaats. Ein notwendiges “Übel”, das man in Kauf zu nehmen hat, weil wir uns an für alle verbindliche Regeln halten müssen, die einfach für jeden gelten, ohne Ausnahme. Ich kann und will das gar nicht noch genauer oder beispielhafter erklären, weil das so dermaßen offensichtlich ist, dass eine tiefgehendere Betrachtung mich unendlich langweilt.
Und auch wenn ich grade das Verhalten der Vertreter des Weißen Rings nachvollziehen kann, weil diese vermutlich gar persönlich betroffen sind. Kann ich mir die unsägliche Aussage des Herrn Bosbach, der immerhin Vorsitzender des Innenausschusses ist, nur als Sommerlochs-Gelaber erklären. Weil ich sie ansonsten als unfassbar schädlich und zersetzend einstufen müssen – sowohl für unsere Demokratie. Als auch für unsere Verfassung.